Der Handel hat sich in den letzten Jahren rasant verändert. Die Digitalisierung stellt kleine und mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Die Klimakrise ist endgültig in Deutschland angekommen und erfordert rasches Handeln aller Akteur*innen. Populisten inner- und außerhalb Europas streben nach nationalen Alleingängen und gefährden damit europäische Errungenschaften wie den funktionierenden Binnenmarkt. Wir sollten diesen Veränderungen mit Mut und Kreativität begegnen.
Die Umsätze im Online-Handel haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt und wachsen weiter. Mit der Digitalisierung des Handels gehen tiefgehende Veränderungen des Wettbewerbs und ein radikaler Umbruch in einer Branche einher. Deswegen ist es entscheidend, in diesem Umbruch zu gestalten. Es braucht gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen. Es geht nicht mehr um offline gegen digital oder Einzelhandel gegen Plattform, sondern um faire Regeln für alle. Wichtig ist, dass Politik deutlich schneller werden muss, um mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung nicht hinterherzuhinken. Das Kartell- und Wettbewerbsrecht müssen entsprechend angepasst und auch mutiger angewendet werden. Mut lohnt sich aber auch für die Unternehmen. Verwaiste Innenstädte können wiederbelebt werden, indem man den Verbraucher*innen etwas bietet: von Erlebnis-Shopping bis hin zu regionalen Gastrokonzepten. Kreativität ist der Geist der Stunde, um sich vom Online-Angebot abzuheben.
Viele Menschen wollen Nachhaltigkeit, wollen Bio, wollen Fair-Trade. Es geht ihnen nicht mehr so sehr um „immer mehr“, sondern um bessere, ökologischere Produkte. Der Handel hat ein enormes Potential unsere Produktwelt auf einen nachhaltigen Weg zu führen. Er sitzt an der Schnittstelle zwischen Kunde und Hersteller. So kann er auf die Hersteller zurück wirken und Verbraucher*innenwünsche dort stark machen, z.B. durch Transparenz in den Lieferketten und umweltverträgliche Verarbeitungs- sowie Verpackungsmethoden. Dabei ist es ausschlaggebend, dass dieser Weg mit wirklichen Innovationen, neuen Ideen und Kreativität gegangen wird – und nicht mit Greenwashing. Der Verzicht auf Plastik und Verpackungen ist ein Gewinnerthema. Hier hat der Einzelhandel einen großen Vorteil zum Online-Handel. Doch noch wird es den Kund*innen schwer gemacht, überhaupt plastikfrei einzukaufen. Hier sollten die Unternehmen Mut beweisen und radikal auf Plastik verzichten. Eine verständliche und glaubwürdige Kennzeichnung ist ein weiterer wichtiger Schritt, um auf einen Blick Vergleichbarkeit von Produkten herzustellen und somit Transparenz zu schaffen.
Die bevorstehende Europawahl ist eine entscheidende Wahl. Populisten könnten zweitstärkste Kraft im EU-Parlament zu werden. Deshalb ist es so wichtig, dass sich prodemokratische und zivilgesellschaftliche Kräfte gemeinsam für die Grundwerte und Errungenschaften der EU starkmachen. Der Handel ist auf einen effektiven Binnenmarkt angewiesen, grade in Zeiten in denen unser engster Handelspartner andere Wege einschlägt. Wir müssen mutig sein, die EU gemeinsam zu verändern und besser zu machen. Damit die EU zur Förderin von nachhaltiger Entwicklung sozialer und ökologischer Standards im Welthandel wird, bedarf es beherzter Schritte.
Ein Beitrag von Kerstin Andreae, MdB, Sprecherin für Wirtschaftspolitik, Grüne Bundestagsfraktion (01. April 2019)